Digitale Spielzeuge und Apps für autistische Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren
Digitale Spielzeuge und Apps für autistische Kinder sind interaktive Medien und elektronische Hilfsmittel, die speziell für Kinder entwickelt wurden, um spielerisch zu lernen und Fähigkeiten zu fördern. Im Kontext autistischer Kinder (Autismus-Spektrum-Störung, ASS) gehören dazu einerseits Apps auf Tablets oder Smartphones, andererseits digitale bzw. elektronisch gesteuerte Spielzeuge wie z. B. sprechende Lernspielzeuge, programmierbare Roboter oder sensorische Geräte mit Lichteffekten und Klängen.
Diese digitalen Helfer können auf vielfältige Weise eingesetzt werden: Manche dienen als Lernprogramme oder Therapie-Apps, andere als Kommunikationshilfen für nicht-sprechende Kinder, wieder andere als interaktive Spielgefährten, die das Kind zu bestimmten Aktivitäten animieren. Wichtig ist, dass sie kindgerecht gestaltet sind – mit ansprechenden Grafiken, einfacher Bedienung und oft auch mit Belohnungselementen (z. B. Sterne sammeln, Applaus-Sounds), um die Motivation hochzuhalten.
Einordnung im Autismus-Kontext: Für autistische Kinder können digitale Medien besonders wertvoll sein. Sie bieten oft eine strukturierte, vorhersehbare Umgebung, in der das Kind im eigenen Tempo üben kann. Viele autistische Kinder sind visuell orientiert und profitieren von klaren Bildern, Symbolen oder Videos, wie sie Apps bereitstellen. Außerdem sind Computer und Tablets unvoreingenommen und geduldig – Wiederholungen stören sie nicht, was ideal ist, um bestimmte Fertigkeiten immer wieder zu trainieren. Digitale Spielzeuge können somit eine wichtige Ergänzung zu traditionellen Therapien und Spielsachen darstellen, indem sie spezielle Bedürfnisse aufgreifen und die Kinder spielerisch fördern.
Im Folgenden geben wir einen umfassenden Überblick darüber, welche Entwicklungsbereiche solche digitalen Angebote fördern können, warum sie für autistische Kinder besonders nützlich sind und wie man sie am besten im Alltag einsetzt. Anschließend werden verschiedene Kategorien digitaler Spielzeuge und Apps vorgestellt – von Kommunikations-Apps über Emotionstrainings bis hin zu Robotern – inklusive konkreter deutschsprachiger Anbieter und Produkte für die Altersgruppe von 4 bis 10 Jahren.
Übersicht
Welche Fähigkeiten können digitale Angebote fördern?
Gut ausgewählte digitale Spielzeuge und Apps können gezielt wichtige Entwicklungsbereiche bei Kindern im Autismus-Spektrum unterstützen. Hier sind die zentralen Fähigkeiten und Kompetenzen, die dadurch gefördert werden können, mit Beispielen:
- Sprache und Kommunikation: Viele Apps helfen beim der Sprachförderung und bei der Verständigung. Sprachlern-Apps animieren z. B. zum Nachsprechen von Lauten oder Wörtern. Es gibt auch digitale Kommunikationstafeln (sogenannte Talker-Apps), mit denen nicht-sprechende Kinder per Bilder und Symbole Sätze bilden können. Ein autistisches Kind, das kaum Lautsprache verwendet, kann z. B. durch Antippen von Bildern auf dem Tablet mitteilen, was es möchte – das fördert sowohl den aktiven Wortschatz als auch das Verständnis dafür, dass Kommunikation nützlich ist.
- Sozialverhalten: Spielerische Apps können soziale Fähigkeiten trainieren. Etwa Spiele, in denen man einen virtuellen Charakter anleiten muss, einfache soziale Situationen zu meistern, oder Quiz-Apps, die das richtige Verhalten in Alltags-Szenarien abfragen. Auch digitale Brettspiele oder Memory-Apps, die zu zweit (Kind mit Eltern oder auch gegen eine Computerfigur) gespielt werden, üben Regeln, Reihenfolge und das Abwechseln ein – wichtige Grundlagen für das Miteinander. Einige spezialisierte Apps stellen typische zwischenmenschliche Situationen als Cartoon oder Video dar und fragen das Kind, wie es reagieren könnte, wodurch Empathie und Perspektivübernahme gefördert werden.
- Emotionen verstehen und ausdrücken: Ein großes Lernfeld für viele autistische Kinder ist das Erkennen von Gefühlen bei sich und anderen. Hier setzen spezielle Emotions-Apps an: Sie zeigen z. B. Gesichter mit verschiedenen Gesichtsausdrücken und lassen das Kind die passenden Begriffe (“fröhlich”, “traurig” etc.) zuordnen. Andere Anwendungen erzählen kurze Geschichten, in denen die Gefühle der Figuren thematisiert werden, oder bieten Memory-Spiele mit Emoticons. Durch wiederholtes Üben mit solchen Programmen kann ein Kind nach und nach lernen, Mimik besser zu lesen und die eigenen Gefühle zu benennen. Manche Apps gehen noch einen Schritt weiter und verbinden Gedanken und Gefühle – etwa indem sie zeigen, wie eine bestimmte Situation (“Mein Freund nimmt mir das Spielzeug weg”) ein Gefühl (z. B. “ärgerlich”) auslöst. Das hilft beim Emotionen regulieren: Wenn Kinder ein Gefühl mit einem Wort verknüpfen können (“Ich bin wütend”), fällt es ihnen leichter, es auszudrücken anstatt nur im Verhalten zu reagieren.
- Motorik und Koordination: Digitale Spiele können auch die Bewegungsentwicklung fördern. Feinmotorik lässt sich z. B. durch Apps trainieren, die das Nachspuren von Formen oder Buchstaben mit dem Finger erfordern – das verbessert die Hand-Auge-Koordination und bereitet aufs Schreiben vor. Für die Grobmotorik gibt es bewegungsaktive Spiele, etwa Tanz- oder Musikspiele auf der Spielkonsole oder im Tablet (manche Apps nutzen die Kamera, um Bewegungen zu erkennen). Auch programmierbare Spielzeug-Roboter fördern Motorik: Ein Kind muss z. B. Tasten auf dem Roboter drücken oder ihn über eine App steuern, um ihn durch den Raum fahren zu lassen. Dabei übt es nicht nur die Fingerfertigkeit auf Touchscreens, sondern bewegt sich möglicherweise selbst mit (etwa wenn es dem Roboter hinterherläuft oder gemeinsam mit ihm tanzt).
- Kognitive Fähigkeiten und logisches Denken: Viele Lern-Apps und digitale Spiele schulen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Problemlösefähigkeiten. Puzzlespiele auf dem Tablet fordern z. B. visuelle Wahrnehmung und Konzentration, Mathe-Lernspiele stärken logisches Denken und Zahlenverständnis. Gerade autistische Kinder mit speziellen Interessen im technischen oder logischen Bereich profitieren oft von solchen Angeboten – sie können stundenlang konzentriert Muster erkennen, Reihenfolgen sortieren oder Fehler finden, wodurch ihre Denkmuster weiter verfeinert werden.
- Selbstständigkeit und Alltagskompetenzen: Digitale Hilfsmittel können auch sehr praktisch im Alltag helfen, um mehr Unabhängigkeit zu erlangen. Zum Beispiel gibt es visuelle Tagesplan-Apps, die Kindern Schritt für Schritt den Tagesablauf anzeigen (mithilfe von Piktogrammen, Uhren und akustischen Signalen). Ein Kind kann morgens auf einem Tablet sehen, was als Nächstes ansteht: Aufstehen, Zähne putzen, Anziehen – jede Aufgabe mit einem Bildchen und vielleicht einem Häkchen zum Abhaken. So lernen autistische Kinder, Routinehandlungen selbst zu strukturieren, ohne dass ständig ein Erwachsener erinnern muss. Auch Kommunikations-Apps tragen zur Selbstständigkeit bei: Ein Kind, das sich sonst nicht verständlich machen kann, gewinnt durch einen elektronischen Talker eine eigenständige “Stimme” und muss weniger auf Hilfe anderer angewiesen sein, um Bedürfnisse mitzuteilen. Schließlich fördern bestimmte Lernspielzeuge alltagsnahe Fähigkeiten – etwa ein sprechendes Puzzle, das beim Einsetzen der richtigen Form das Wort sagt, kann einem Kind helfen, Objekte zu benennen, die es im Alltag benutzt (Farben, Kleidungsstücke, Lebensmittel etc.).
Zusammengefasst: Digitale Spielzeuge und Apps können ganzheitlich fördern – von Sprache über Gefühle bis hin zur Selbstorganisation. Wichtig ist immer, das passende Angebot zum jeweiligen Kind und Entwicklungsziel auszuwählen. Im nächsten Abschnitt betrachten wir, warum gerade autistische Kinder oft besonders von diesen digitalen Helfern profitieren.

Warum sind digitale Lösungen für autistische Kinder besonders nützlich?
Eltern autistischer Kinder berichten häufig, dass ihre Kinder stark auf technische Geräte oder digitale Medien ansprechen. Das ist kein Zufall, denn digitale Lösungen bringen einige Eigenschaften mit sich, die vielen autistischen Wahrnehmungs- und Denkweisen entgegenkommen:
1. Visuelle Stärke nutzen: Autistische Kinder sind oft visuelle Lerner – sie verstehen Informationen besser über Bilder, Symbole oder geschriebene Worte als über gesprochene Sprache. Tablets und Computer sind hervorragende visuelle Medien: Ob bunte Grafiken, Fotos, Piktogramme oder Videos – Inhalte können optisch ansprechend aufbereitet werden. Ein Beispiel: Ein Kind, das mündliche Anweisungen nur schwer befolgt, reagiert viel besser, wenn eine App das gewünschte Verhalten als Animation zeigt. Das visuelle Element sorgt also für bessere Verständlichkeit.
2. Klare Struktur und Vorhersehbarkeit: Digitale Spiele und Apps folgen programmierten Abläufen, die konsistent und wiederholbar sind. Für Kinder im Autismus-Spektrum, die schnell von unerwarteten Veränderungen überfordert sind, schafft das Sicherheit. Wenn man ein Level in einer Lern-App startet, weiß das Kind z. B.: Es kommen zuerst eine Aufgabe, dann eine Belohnung, dann die nächste Aufgabe. Alles ist geregelt, nichts “springt” plötzlich aus dem Rahmen. Diese Vorhersehbarkeit reduziert Stress und ermöglicht es dem Kind, sich auf die Inhalte zu konzentrieren. Zudem kann man digitale Aktivitäten meist gut strukturieren – zum Beispiel eine feste Reihenfolge von Apps oder Übungen festlegen, die jeden Tag gleich bleibt.
3. Individuelles Lerntempo und Anpassbarkeit: Jedes Kind lernt anders – digitale Anwendungen lassen sich oft personalisieren. Viele Lern-Apps passen den Schwierigkeitsgrad automatisch dem Fortschritt des Kindes an oder erlauben es den Eltern, bestimmte Einstellungen vorzunehmen (z. B. einfacherer Modus mit weniger Ablenkung, größere Symbole, langsamere Ansagen). Autistische Kinder, die in einigen Bereichen außergewöhnlich schnell lernen, aber in anderen Bereichen mehr Zeit brauchen, können so ganz im eigenen Tempo voranschreiten. Das Gerät ist geduldig: Es wartet, bis das Kind reagiert, und es wiederholt eine Aufgabe beliebig oft, ohne ungeduldig zu werden. Dieses fehlende sozial-emotionale Urteil ist ein Segen – das Kind spürt keinen Druck oder keine Bewertung, wenn es mehrere Anläufe braucht.
4. Hohe Motivation und Interessenfokus: Viele autistische Kinder haben intensive Spezialinteressen, oft auch an technischen Geräten selbst. Ein Tablet kann daher ein hochmotivierendes Werkzeug sein – das Kind möchte damit spielen oder arbeiten, weil es das Gerät spannend findet. Entwickler autismusfreundlicher Apps nutzen das, indem sie etwa Interessen wie Buchstaben, Zahlen, Fahrpläne, Tierarten etc. in den Spielen aufgreifen. Ist ein Kind beispielsweise fasziniert von Zügen, könnte eine Lern-App Züge verwenden, um Zählen zu üben. Durch diese Interessen-Verknüpfung sind autistische Kinder oft mit großer Begeisterung und Ausdauer bei der Sache, selbst bei Übungen, die in anderer Form vielleicht langweilig oder frustrierend wären.
5. Entspannteres Lernumfeld: Die Interaktion mit einem digitalen Medium ist weniger komplex als mit einem menschlichen Gegenüber. Es entfallen Mimik, Gestik, zwischentönige Kommunikation – die App reagiert immer gleich und vorhersehbar. Das kann besonders scheuen oder schnell überforderten Kindern ein Gefühl von Kontrolle geben. Sie können das Tablet auch mal weglegen, die Lautstärke anpassen oder sich eine Pause nehmen, ohne dass jemand enttäuscht reagiert. Durch diese entspanntere Lernsituation steigt oft die Aufnahmefähigkeit. Manche Kinder, die in der Schule kaum an Aufgaben teilnahmen, blühen plötzlich auf, wenn dieselbe Aufgabe in spielerischer App-Form gestellt wird.
6. Brücke zur realen Welt: Richtig eingesetzt, können digitale Tools eine Brückenfunktion erfüllen. Ein Kind übt etwa in einem geschützten virtuellen Raum das Begrüßen anderer – es klickt im Spiel auf “Hallo” und die Figur grüßt zurück. Dieses Erfolgserlebnis kann man dann als Bezug nehmen, um es in echt auszuprobieren (“Weißt du noch, wie deine Figur im Spiel Hallo gesagt hat? Wollen wir das mal mit dem Nachbarn üben?”). Ebenso können Kommunikationstafeln auf dem Tablet dem Kind im Alltag eine Stimme geben, sodass es mehr soziale Interaktionen erlebt – z. B. selbst beim Bäcker “Brötchen, bitte” tippen und vom Verkäufer bekommen. So erweitern digitale Hilfsmittel Schritt für Schritt die reale Teilhabe des Kindes.
Natürlich sind digitale Angebote kein Allheilmittel. Sie ersetzen nicht die menschliche Zuwendung, Therapie oder das echte Spiel mit Gleichaltrigen. Aber sie sind ein zusätzliches Werkzeug, das autistischen Kindern auf sie zugeschnittene Lernchancen eröffnet. Wenn man einige Hinweise beachtet (dazu im nächsten Abschnitt mehr), können digitale Spielzeuge und Apps zu wertvollen Helfern im Alltag werden.

Sinnvoller Einsatz: Tipps für Eltern im Umgang mit Apps für autistische Kinder
Wie bei allem gilt: Die Dosis und Art der Nutzung machen den Unterschied. Hier einige Empfehlungen, wie Eltern digitale Spielzeuge und Apps gezielt und gesundheitsbewusst in den Alltag ihres autistischen Kindes integrieren können:
- Dosiertes Zeitmanagement: Bildschirme üben oft einen magischen Sog auf Kinder aus. Vereinbaren Sie deshalb klare Nutzungszeiten. Für ein Kind im Alter von 4–10 Jahren könnten z. B. 20–30 Minuten am Stück eine sinnvolle Einheit sein, je nach Konzentrationsspanne. Planen Sie lieber mehrere kurze Einheiten am Tag als einen Marathon vor dem Tablet. Wichtig ist auch, feste Bildschirm-Pausen einzuplanen – etwa abends vor dem Schlafengehen oder während den Mahlzeiten bleibt das Gerät ausgeschaltet. Durch solch einen strukturierten Rahmen lernt das Kind, dass digitale Spielzeit begrenzt ist und von Erwachsenen geregelt wird, ähnlich wie andere Routinen.
- Elternbegleitung und Aufsicht: Gerade im Vorschul- und Grundschulalter sollten Eltern oder Bezugspersonen begleitet mitspielen oder -lernen. Setzen Sie sich ruhig daneben, schauen Sie zu und freuen Sie sich mit Ihrem Kind über Fortschritte. Bei manchen therapeutischen Apps (z. B. den sozialen Rollenspiel-Apps) ist Ihre aktive Beteiligung sogar Teil des Konzepts – hier sollen Kinder ja mit einem Erwachsenen über ihre Entscheidungen sprechen. Selbst bei selbstständigem Spielen schadet es nicht, ab und zu Fragen zu stellen (“Was machst du da gerade? Kannst du mir das erklären?”). So bleibt die digitale Aktivität in einen sozialen Kontext eingebunden und Sie haben auch die Möglichkeit, Inhalte in den Alltag zu übertragen (“Eben in der App hast du gezeigt, was man macht, wenn jemand traurig ist – weißt du noch? Wie könnten wir unserer Freundin helfen, wenn sie traurig ist?”).
- Inhalte ins echte Leben übertragen: Digitale Lernfortschritte sind toll – aber noch wertvoller werden sie, wenn das Kind sie auch außerhalb der App anwenden kann. Unterstützen Sie diese Generalisierung, indem Sie Parallelen zur Realität herstellen. Hat das Kind z. B. neue Wörter mit einer Sprach-App gelernt (“Apfel”, “Banane” etc.), spielen Sie anschließend “Einkaufen” mit echtem Spielzeugobst und lassen Sie es benennen. Oder wenn ein Roboterspielzeug beigebracht hat, einfache Aufgaben zu erledigen, loben Sie Ihr Kind, wenn es ähnliche Aufgaben im Alltag schafft (z. B. “Unser kleiner Roboter hat immer aufgeräumt – magst du jetzt auch deine Bausteine einsammeln? Toll, genau wie der Roboter!”). Diese Verknüpfung hilft dem Kind zu verstehen, dass das Gelernte praktischen Nutzen hat.
- Geeignete Umgebung schaffen: Achten Sie darauf, dass das Kind beim digitalen Spiel möglichst wenige störende Reize hat. Manche autistischen Kinder sind leicht ablenkbar – ein Fernseher im Hintergrund, grelles Licht oder Lärm können die Konzentration zerstören. Ideal ist ein ruhiger, bekannter Ort, eventuell Kopfhörer, wenn das Kind das mag (einige Kinder lehnen Kopfhörer aber wegen des Gefühls am Ohr ab – dann ggf. leise Lautstärke wählen). Auch eine sitzende, ergonomische Position ist wichtig: Kleine Kinder neigen dazu, dicht mit dem Gesicht ans Tablet zu gehen oder es im Liegen zu nutzen. Besser ist, am Tisch oder Schoß mit etwas Abstand zu spielen, um die Augen zu schonen und eine gute Haltung zu fördern. Eltern können hier Hilfestellung leisten, z. B. das Gerät auf eine stabile Halterung stellen.
- Qualität vor Quantität: Wählen Sie die Apps und elektronischen Spielzeuge sorgfältig aus. Lieber wenige, aber dafür qualitativ hochwertige Angebote nutzen, als das Kind mit dutzenden Apps zu überfrachten. Ideal sind Anwendungen, die werbefrei sind und keine übermäßigen In-App-Käufe oder Internetzugänge erfordern – damit Ihr Kind ungestört und sicher spielen kann. Achten Sie auf Altersempfehlungen und darauf, dass die App deutschsprachig ist bzw. zumindest ohne viel Text auskommt, den das Kind nicht verstehen würde. Viele spezielle Autismus-Apps werden von Fachleuten oder sogar Autist*innen selbst entwickelt – solche Produkte sind inhaltlich oft gut durchdacht. Informieren Sie sich gerne bei anderen Eltern, Therapeuten oder Autismus-Fachstellen nach Empfehlungen. In diesem Artikel stellen wir im nächsten Kapitel bereits eine Reihe deutschsprachiger Produkte und Anbieter vor, die sich bewährt haben.
- Balance mit analogem Spiel: Digitale Spielzeuge sind eine Bereicherung, aber kein Ersatz für traditionelle Spiele, Bewegung und direkte soziale Erfahrungen. Sorgen Sie deshalb für eine ausgewogene Tagesgestaltung: Nach der Tablet-Zeit vielleicht raus auf den Spielplatz zum Schaukeln (wichtige sensorische Erfahrung!) oder ein einfaches Brettspiel mit der Familie, um echte soziale Interaktion zu fördern. Versuchen Sie, digitale Themen ins analoge Spiel zu integrieren – wenn Ihr Kind etwa begeistert eine App über Tiere nutzt, bauen Sie das Thema Tiere auch außerhalb ein (z. B. gemeinsam Tierfiguren sortieren, Zoo besuchen, Tiergeräusche nachmachen). So entsteht kein harter Bruch zwischen “digitaler Welt” und “realer Welt”, sondern das Kind erlebt beides als zusammenhängend.
Beherzigt man diese Punkte, können digitale Hilfsmittel zu einem sinnvollen Teil des Förder- und Spielangebots für autistische Kinder werden. Der Schlüssel liegt darin, sie gezielt, begleitet und dosiert einzusetzen.
Nachdem wir nun Grundlagen, Nutzen und Gebrauchstipps besprochen haben, widmet sich der nächste Teil den verschiedenen Kategorien digitaler Spielzeuge und Apps. Jede Kategorie erfüllt andere Zwecke – von Kommunikation über Emotionsverarbeitung bis hin zu sensorischem Spiel. Wir stellen die Kategorien vor und nennen konkrete deutschsprachige Beispiele inklusive Funktionen, Einsatzmöglichkeiten und Besonderheiten.
Kommunikationshilfen: Digitale Unterstützung für Sprache und Verständigung
Was gehört dazu? In diese Kategorie fallen alle elektronischen Hilfsmittel, die autistischen Kindern bei der Kommunikation helfen. Viele Kinder im Spektrum haben Verzögerungen in der Sprachentwicklung oder bleiben ganz nonverbal. Unterstützte Kommunikation (UK) nutzt hier Bilder, Symbole oder Schrift, um Sprache zu ersetzen oder zu unterstützen. Digitale Kommunikationshilfen sind im Prinzip moderne “Sprachecomputer” oder “Talker”, oft in Form von Apps auf Tablets, teils auch spezialisierte Geräte.
Was fördern sie? Sie ermöglichen dem Kind, Bedürfnisse und Gedanken auszudrücken, auch wenn die Lautsprache fehlt oder begrenzt ist. Dadurch wird Frustration abgebaut – das Kind kann z. B. mitteilen “Ich will trinken” oder “Pause”, anstatt durch Weinen oder Wutausbruch darauf aufmerksam machen zu müssen. Kommunikationshilfen fördern auch den Wortschatz: Das Kind sieht visuell das Symbol und das geschriebene Wort und hört ggf. die Sprachausgabe, wenn es darauf tippt. Zudem lernen Kinder den wechselseitigen Charakter von Kommunikation – dass auf ihre Äußerung eine Reaktion folgt (z. B. sie bekommen dann tatsächlich das Getränk).
Wie sehen solche Apps aus? Meist präsentieren sie Raster mit Symbolbildern (Icons, Fotos oder Piktogramme). Jedes Bild steht für ein Wort oder eine Phrase. Wenn das Kind aufs Bild tippt, spricht die App das Wort laut aus. Manchmal können mehrere Symbole zu einem Satz aneinandergereiht werden; das Gerät spricht dann den ganzen Satz. Viele Systeme basieren auf bekannten Symbolsammlungen wie METACOM (eine deutsche Symbolsammlung) oder Pictogrammen. Es gibt aber auch textbasierte Kommunikationsapps, wo vor allem älteren, lese-kundigen Kindern eine Tastatur oder eine Auswahl von Wörtern geboten wird, die dann per Sprachausgabe vorgelesen werden.
Beispiele deutschsprachiger Kommunikations-Apps und Produkte:
- MetaTalkDE: Eine auf Deutsch vorprogrammierte Talker-App für das iPad. Sie bietet einen symbolbasierten Wortschatz mit verschiedenen Kategorien (Essen, Gefühle, Aktivitäten etc.) und kombiniert wichtige Kernwörter mit thematisch sortierten Wörtern. MetaTalkDE ist speziell für den deutschen Sprachraum entwickelt, sodass die enthaltenen Symbole und Begriffe auf hiesige Alltagsbedürfnisse abgestimmt sind. Eltern oder Therapeuten können das Vokabular anpassen, eigene Fotos hinzufügen oder nicht benötigte Felder ausblenden. Durch die flache Navigationsstruktur (weniger verschachtelte Menüs) ist es für Kinder relativ leicht, mit wenigen Klicks das Gesuchte zu finden. MetaTalkDE eignet sich für nichtsprechende Kinder ab dem Vorschulalter und wird häufig in Schulen und Therapien eingesetzt.
- LetMeTalk: Eine kostenlose AAC-App (Augmentative and Alternative Communication) für Android-Geräte, die auch Deutsch unterstützt. Sie stellt dem Nutzer eine große Bibliothek an Bildern (teilweise aus frei verfügbaren Symbolsammlungen) zur Verfügung, die individuell zu Kommunikationsseiten zusammengestellt werden können. LetMeTalk hat den Vorteil, dass es offline funktioniert und plattformübergreifend nutzbar ist. Eltern berichten, dass sie mit LetMeTalk z. B. einfache Tafeln für Zuhause gestaltet haben – etwa eine Morgenroutine-Tafel mit Symbolen für “Duschen”, “Anziehen”, “Frühstück” usw., auf die das Kind dann tippen kann. Obwohl die App gratis ist, bietet sie grundlegende Talker-Funktionalität ohne Werbung. Für Familien mit geringem Budget oder zum Ausprobieren einer Kommunikationshilfe ist das eine niedrigschwellige Möglichkeit.
- PECSTalk™: Diese App, angeboten von Pyramid (dem Entwickler des Picture Exchange Communication System, PECS), ist in Deutsch verfügbar und für Tablets (Android, iPad) konzipiert. PECSTalk stellt digital das klassische PECS-Ordner-Prinzip dar: Das Kind kann auf einem virtuellen Satzstreifen mehrere Bildkarten aneinanderreihen (z. B. “Ich – möchte – Ball – spielen”) und die App spricht dann den ganzen Satz. Praktisch ist, dass die komplette offizielle PECS-Bilderbibliothek integriert ist, inkl. Kategorien und Satzanfang-Leisten wie “Ich möchte…”. Dadurch können Kinder, die PECS bereits mit physischen Kärtchen gelernt haben, nahtlos auch digital üben. PECSTalk ermöglicht bis zu 30 individuelle Seiten zu erstellen – z. B. für verschiedene Orte (eine Seite für Zuhause, eine für den Kindergarten usw.). Eine Besonderheit ist, dass man auch in verschiedenen Sprachen arbeiten kann; Deutsch ist vollständig verfügbar (sowohl Text als auch Sprachausgabe). Diese App richtet sich an Kinder im gesamten Spektrum, die symbolbasiert kommunizieren, typischerweise ab 3-4 Jahren aufwärts. Es gibt auch eine kostenfreie Testversion PECSTalk Lite, um das System auszuprobieren.



- Eline spricht: Dabei handelt es sich um eine iPad-App (entwickelt von DutchGiraffe, aber auf Deutsch erhältlich) mit einer einfachen Rasteroberfläche. Sie ist speziell als Einstiegs-Sprach-App konzipiert. Eltern oder Therapeuten können hier eigene Fotos oder Symbole einspeisen und das Raster flexibel gestalten – etwa mit nur vier Feldern für ganz kleine Kinder oder mehr Feldern für Fortgeschrittene. “Eline spricht” besticht durch eine sehr schlichte Oberfläche ohne Ablenkung: Tippt man ein Bild an, wird das zugehörige Wort oder Satz gesprochen. Es eignet sich gut, um erste Erfahrungen mit einer Talker-App zu sammeln, etwa bei Kindergartenkindern, die lernen sollen, mit Bildern etwas zu “sagen”. Aufgrund der einfachen Handhabung wird es auch in inklusiven Einrichtungen gern eingesetzt, wo dann Erzieher mit dem Kind zusammen ein paar wichtige Symbole auswählen (z. B. “ja”, “nein”, “ Toilette”, “fertig”) und so dem Kind grundlegende Kommunikationsmöglichkeiten geben.
- SprachAssistent AAC: Eine Text-to-Speech-App in deutscher Sprache (für iOS, aber es gibt ähnliche für Android), die vor allem für ältere Kinder oder Jugendliche interessant ist, die lesen und schreiben können, aber nicht sprechen. In dieser App kann man über eine einfache Textoberfläche etwas eintippen, und das Gerät spricht es in einer synthetischen Stimme aus. Man kann häufig benötigte Sätze auch als Favoriten abspeichern und schnell abrufen (“Hallo, mein Name ist …” oder “Mir geht es heute nicht gut.” etc.). Für ein 10-jähriges autistisches Kind, das zwar Buchstaben beherrscht und viel schreiben möchte, aber mündlich kaum spricht, kann dies eine tolle Möglichkeit sein, sich zu äußern – ob in der Schule oder Zuhause. Die App ist bewusst schlicht, um im Gespräch nicht abzulenken: Es erscheint nur der geschriebene Text groß auf dem Display (damit z. B. auch der Gesprächspartner mitlesen kann, wenn nötig) und mit einem Button wird es laut vorgelesen. Die Stimme lässt sich in der Regel anpassen (männlich/weiblich, Sprechgeschwindigkeit etc.). Solche textbasierten Kommunikationstools werden manchmal auch von autistischen Teenagern genutzt, denen das Sprechen in sozialen Situationen schwerfällt – sie tippen lieber entspannt am Gerät, was sie sagen wollen.
- AnyBook Audiostift (sprechender Stift): Neben Apps auf dem Tablet gibt es auch digitale Hilfsmittel in Geräteform. Ein Beispiel ist der AnyBook-Stift – ein elektronischer Stift, der Aufkleber mit Audioaufnahmen verbindet. Eltern oder Pädagogen können spezielle Sticker auf Gegenstände, Bilder oder Buchseiten kleben und mit dem Stift eigene Wörter oder Sätze dazu aufnehmen. Berührt das Kind später mit dem Stift den Sticker, wird die aufgenommene Botschaft abgespielt. Dieses System ist zwar kein vollwertiger Talker, aber eine niederschwellige Kommunikationshilfe: Autistische Kinder, die z. B. noch keine Bilder-App bedienen, können so durch Tippen mit dem Stift zumindest vorgefertigte Nachrichten “abspielen” – zum Beispiel auf einem Sticker am Kühlschrank: “Ich habe Hunger” oder an der Wohnzimmertür: “Ich will alleine sein”. Auch für Sprachlernzwecke ist es toll: Man kann ein Fotoalbum anlegen und mit dem Stift besprechen – das Kind kann dann unabhängig die Bilder ansehen und hört, was darauf zu sehen ist (“Das ist Oma”, “Hier sind wir im Zoo” etc.). AnyBook ist deutschsprachig nutzbar, da man ja selbst aufnimmt. Gerade im Vorschulalter oder bei Kindern mit starker geistiger Beeinträchtigung kann dies ein hilfreiches Tool sein, um erste Symbole und Wörter zu verknüpfen.


All diese Beispiele zeigen: Kommunikationshilfen geben autistischen Kindern eine Stimme und erleichtern ihnen die soziale Teilhabe enorm. Wichtig ist die Einarbeitung – oft müssen Eltern, Erzieher und Kind gemeinsam üben, wie man z. B. einen elektronischen Talker benutzt, welche Symbole wo zu finden sind usw. Aber hat das Kind erst einmal verstanden, dass es damit seine Umgebung beeinflussen kann (weil plötzlich alle verstehen, was es will), nutzt es solche Hilfen oft begeistert.
Emotions-Apps: Gefühle erkennen und benennen lernen
Worum geht es? Für viele Kinder im Autismus-Spektrum ist es schwierig, emotionale Signale zu verstehen – sowohl bei anderen Menschen (z. B. Gesichtsausdruck, Tonfall) als auch die eigenen Gefühle richtig einzuordnen. Emotions-Apps und digitale Programme zur Gefühlswelt sollen hier unterstützen. Sie vermitteln auf visuelle und spielerische Weise die verschiedenen Emotionen, deren Ausdruck und Bedeutung.
Was fördern sie? Im Kern fördern diese Apps das Emotionale Verständnis: das Kind lernt, Gesichtsausdrücke zu identifizieren (z. B. “Das hochgezogene Mundwinkel bedeutet Lächeln, also Freude”) und einfache Emotionen mit Begriffen zu verknüpfen (“wütend”, “ängstlich” etc.). Darüber hinaus regen manche Anwendungen an, über die eigenen Gefühle nachzudenken und sie mitzuteilen. Letztlich können solche Übungen die Empathie und soziale Interaktion verbessern, weil das Kind besser einschätzen kann, wie es jemandem geht oder auch selbst signalisieren kann, wie es ihm geht.
Typische Funktionen: Emotions-Apps nutzen oft Bilder, Geschichten oder kleine Spiele. Häufige Module sind z. B.:
- Gesichter-Galerien: Das Kind sieht Fotos von echten Gesichtern oder Illustrationen mit verschiedenen Ausdrücken (glücklich, traurig, wütend, überrascht…). Durch Antippen erfährt es die richtige Bezeichnung oder muss aus mehreren Optionen die richtige Emotion wählen.
- Emotionen zuordnen: Ein Spielprinzip ist, passende Paare zu finden – etwa ein gezeichnetes Emoticon und ein Foto eines Kindes mit der gleichen Emotion, oder ein Situationsbild (z.B. ein Kind mit einem kaputten Spielzeug) und der passende Gefühlsausdruck (traurig).
- Quiz und Fragen: Das Programm könnte z. B. fragen “Wie fühlt sich diese Person?” und das Kind wählt aus mehreren Emotionswörtern aus. Oder umgekehrt: “Zeige mir ein Gesicht, das wütend ist.”
- Geschichten und Kontext: Anspruchsvollere Apps präsentieren kurze Szenen oder Comic-Strips und fragen nach dem Warum hinter einer Emotion (“Tom hat kein Eis abbekommen. Wie fühlt er sich? Warum ist er traurig?”). So wird auch der Kontextbezug geübt – Kinder lernen, Situationen mit Gefühlen zu verknüpfen.
- Eigene Gefühlsanzeige: Manche Anwendungen haben ein Feature, mit dem das Kind selbst eingeben kann “Ich bin gerade [Emoticon]”. Das kann genutzt werden, damit das Kind z. B. anzeigt, wenn es in der Schule überfordert ist, indem es ein trauriges oder wütendes Gesicht in der App antippt – eine Art digitales Stimmungstagebuch oder Stimmungsampel.

Beispiele deutschsprachiger Emotions-Apps und Angebote:
- Foni EmoNavi: Diese App wurde von einer deutschen Entwicklerin (Kristin Behrmann, selbst Autistin) speziell für Menschen im Autismus-Spektrum konzipiert. EmoNavi (erhältlich für iPhone/iPad und Windows-PC) hilft dem Kind dabei, Emotionen bei sich und anderen zu erkennen und zu benennen. Eine Besonderheit ist, dass EmoNavi die Verbindung zwischen Gedanken und Gefühlen aufzeigt. Ein typisches Element in der App ist ein Emotions-Quiz: Das Kind bekommt kurze Aussagen oder Situationen präsentiert – z. B. “Was denkst du gerade?” – und soll überlegen, welches Gefühl dazu passt. Wenn Gedanke und Gefühl “zueinander passen”, verstärkt sich das dargestellte Gefühl in der App. Konkret bedeutet das: EmoNavi möchte vermitteln, dass z. B. negative Gedanken negative Gefühle auslösen und umgekehrt. Das mag anspruchsvoll klingen, aber die App bereitet es kindgerecht mit einfachen Beispielen auf. Neben dem Quiz gibt es eine Rubrik “Ich bin …”, wo das Kind quasi seine aktuelle Stimmung auswählen kann (etwa “Ich bin fröhlich” oder “Ich bin müde”). Foni EmoNavi ist für etwa Grundschulalter empfohlen (ca. 6–12 Jahre) und kostet wenig (um die 2–3 Euro, einmalig, ohne Werbung). Für Fachkräfte und Eltern gibt es sogar eine “Sonder-Edition” mit zusätzlichen Info-Materialien in der App, die den Zusammenhang zwischen Gedanken und Gefühlen erläutern – praktisch, um gemeinsam mit dem Kind nachzubesprechen. Durch die deutschsprachige Gestaltung und die praxisnahen Übungen ist EmoNavi ein hervorragendes Werkzeug, um autistischen Kindern das oft abstrakte Thema “Emotionen” begreifbarer zu machen.
- Autimo: Dies ist eine App aus der französischen AMIKEO-Reihe, die aber vollständig auf Deutsch nutzbar ist. Autimo wurde explizit entwickelt, um Menschen mit Autismus Emotionserkennung beizubringen. In verschiedenen Spielen lernt das Kind, Gesichtsausdrücke zu identifizieren. So gibt es zum Beispiel ein Paarspiel, wo das Kind unter mehreren Gesichtern die zwei mit dem gleichen Ausdruck finden muss. Oder ein “Wer passt nicht?”-Spiel, bei dem mehrere fröhliche Gesichter und ein trauriges Gesicht gezeigt werden – das traurige soll das Kind antippen als “nicht passend”. Autimo arbeitet mit realistischen Bildern und wiederholt systematisch die Kernemotionen (Freude, Trauer, Angst, Wut, Überraschung, Ekel). Man kann den Schwierigkeitsgrad anpassen, z.B. zunächst nur zwei Emotionen unterscheiden, später mehr. Für deutschsprachige Nutzer ist wichtig: Die Menüführung ist deutsch, die Wörter für Emotionen sind in deutscher Sprache hinterlegt, so dass die App laut sagen kann “glücklich”, “traurig” etc. Autimo richtet sich an eher jüngere Kinder (ca. 4–8 Jahre). In der Basisversion ist teils kostenloser Inhalt dabei, für den vollen Umfang benötigt man aber meist einen In-App-Kauf oder ein Abo, da es Teil eines größeren App-Pakets ist. Viele Eltern nutzen Autimo, um zu Hause ergänzend zum Therapiekonzept “Emotionskarten” etwas Interaktives zu haben.
- Emotionskarten und digitale Bilderbücher: Neben speziellen Apps sei erwähnt, dass es auch digitale Bilderbuch-Apps oder E-Books gibt, die das Thema Gefühle behandeln. Beispielsweise bieten einige Kinderbuch-Verlage Apps an, in denen eine Geschichte vorgelesen wird und das Kind interaktiv Dinge anklicken kann. Es gibt deutschsprachige Geschichten wie “Heute bin ich…” (wo ein Fisch verschiedene Gefühle durchmacht) oder “Das Farbenmonster” als interaktive App, die jeweils Gefühlszustände behandeln. Zwar sind das keine Therapiesoftware im engeren Sinne, aber durch das gemeinsame Lesen und interaktive Entdecken solcher Geschichten auf dem Tablet können autistische Kinder ebenfalls Emotionswissen aufbauen. Sie können Bilder antippen und das Gerät macht z. B. die entsprechenden Geräusche oder verändert die Mimik der Figur. Eltern können hierbei aktiv Fragen stellen (“Schau mal, der Hase weint – was meinst du, ist er traurig? Warum könnte er traurig sein?”). Diese Art von digital unterstütztem Vorlesen kombiniert die Vorteile eines Buches (soziale Nähe, narrative Struktur) mit den Vorzügen des Digitalen (Animation, Sound), was vielen Kindern sehr gefällt.
- Virtuelle Gefühls-Thermometer: In Deutschland gibt es in einigen Autismus-Therapiezentren eigenentwickelte kleine Apps oder PowerPoint-Spiele, die z. B. ein “Gefühlsthermometer” darstellen. Oft sind das keine kommerziellen Apps, aber Eltern können Ähnliches selbst basteln: Etwa mit einer Tablet-App, die es erlaubt, smileys zu platzieren auf einer Skala. Das Kind kann morgens z.B. seinen Gefühlszustand wie auf einer Ampel zeigen (grün = mir geht’s gut, gelb = es geht so, rot = schlecht). Einige Familien nutzen simple Apps, in denen man eigene Fotos der Kinder in verschiedenen emotionalen Lagen hinterlegt und das Kind dann per Klick sagt “So fühle ich mich”. Obwohl das nicht vorgestanzte Produkte sind, ist es ein kreativer Einsatz vorhandener Technik, um emotionale Kommunikation zu fördern.
Mit Emotions-Apps allein wird ein Kind nicht zum Emotions-Experten, aber sie bieten einen spielerischen Einstieg in dieses schwer fassbare Thema. Besonders wirksam sind sie, wenn Eltern das Gelernte aufgreifen: Man kann z. B. im Alltag immer wieder an die Emoticons aus der App erinnern (“Weißt du noch, so ein Gesicht hatten wir im Spiel – das war ‘überrascht’!”) und das Kind loben, wenn es eine Gefühlsregung richtig deutet. Über die Zeit stellen Eltern oft fest, dass ihr Kind differenzierter über Stimmungen sprechen kann und auch eigene Gefühle besser ausdrückt – vielleicht anfangs mit Hilfe der App (“[zeigt auf das Tablet-Symbol für müde] – Ich bin müde”), später dann sogar verbal.
Digitale Rollenspiele und soziale Geschichten: Sozialverhalten üben am Bildschirm
Worum geht es? “Soziale Rollenspiele” in digitaler Form meint interaktive Anwendungen, in denen zwischenmenschliche Situationen simuliert werden. Autistischen Kindern fällt das Verstehen sozialer Regeln und unausgesprochener Gepflogenheiten oft schwer. Digitale Rollenspiel-Apps oder Programme mit sozialen Geschichten möchten diese Lücke schließen, indem sie dem Kind virtuell beibringen, wie soziale Interaktionen ablaufen und worauf man achten sollte.
Was fördern sie? In erster Linie fördern sie soziale Kompetenzen: z. B. Grüßen, Teilen, auf jemanden zugehen, Konflikte lösen, Perspektivwechsel (also sich in andere hineinversetzen). Auch Alltagssituationen wie “Beim Bäcker einkaufen” oder “Auf dem Spielplatz mit anderen Kindern spielen” können durchgespielt werden. Durch das wiederholte virtuelle Erleben solcher Szenarien gewinnt das Kind an Sicherheit und kann das Gelernte später mit Unterstützung ins echte Leben übertragen. Außerdem fördern solche Programme oft die Impulskontrolle und Problemlösefähigkeit: Das Kind lernt, in einer Situation kurz innezuhalten, Optionen abzuwägen (die App gibt meist Auswahlmöglichkeiten vor) und dann eine bewusste Entscheidung zu treffen, anstatt impulsiv zu handeln.
Wie funktionieren sie? Meist werden Cartoon- oder Comic-basierte Szenen gezeigt, manchmal auch Fotos oder Videos, je nach App. Ein typisches Muster: Das Kind sieht eine kurze Szene oder liest/gehört eine Geschichte, in der eine soziale Herausforderung vorkommt – z. B. “Max und Leo wollen gleichzeitig auf die Schaukel”. Dann pausiert die Szene und das Kind bekommt zwei oder mehr Reaktionsmöglichkeiten zur Auswahl: “Max schubst Leo weg” oder “Max fragt Leo, ob sie sich abwechseln”. Das Kind wählt eine Option an. Daraufhin zeigt die App die Konsequenz dieser Wahl oder stellt Rückfragen wie “Warum hast du das gewählt?”. Oft ist das Ziel, das Gespräch mit dem Kind zu suchen – hier kommt idealerweise ein Erwachsener ins Spiel, der mit dem Kind über die Entscheidung spricht (“Was könnte passieren, wenn Max Leo schubst? War das die höfliche Lösung?”). Einige Programme werten auch die Entscheidung aus und geben Tipps (z. B. “Fast – aber vielleicht gibt es eine nettere Art, das Problem zu lösen.”).

Beispiele für deutschsprachige digitale Rollenspiel-Apps:
- Foni SoKo 1–5: Wieder ein Angebot von Hallo Foni (Kristin Behrmann), das gezielt Sozialverhalten und Kommunikation trainiert. Die Foni SoKo Apps (erhältlich für iPad und Windows-PC, in deutscher Sprache) nutzen Cartoon-Situationen, um dem Kind verschiedene Aspekte des Miteinanders näherzubringen. Es gibt fünf thematische Apps:
- SoKo 1: Thematisiert das allgemeine soziale Miteinander – hier geht es um Grundlagen wie Blickkontakt aufnehmen, Grüßen, einfache Gespräche führen.
- SoKo 2: Übt den Perspektivwechsel – das heißt, das Kind lernt, dass andere Menschen andere Informationen oder Gefühle haben können als man selbst. Z. B. Situationen, wo man raten muss, was der Andere denkt.
- SoKo 3: Dreht sich um positives Sozialverhalten – also z. B. Komplimente machen, Hilfe anbieten, freundlich reagieren.
- SoKo 4: Thematisiert eigenes Stressmanagement – autistische Kinder erleben soziale Situationen oft als stressig; diese App gibt Strategien an die Hand, wie man mit Aufregung, Ärger oder Unverständnis umgehen kann, ohne gleich zu verzweifeln.
- SoKo 5: Behandelt Resilienz im Sozialleben – also Widerstandsfähigkeit, Rückschläge wegstecken, aus Fehlern lernen. Hier lernen Kinder etwa, dass es okay ist, mal etwas nicht zu wissen, oder wie man Hilfe holt, wenn man nicht weiterkommt.
- Sozialtrainer-Apps und Geschichten (allgemein): Neben Foni SoKo gibt es vereinzelt auch soziale Geschichten als App oder zum Download. So hat z. B. Autismus Deutschland e.V. in der Vergangenheit PDF-Geschichten veröffentlicht (“Tom geht zum Friseur” etc.), die man auf dem Tablet anschauen kann. Es gab auch Versuche, Tools wie PowerPoint oder einfache Game-Builder einzusetzen, um eigene soziale Geschichten multimedial zu gestalten. Eltern können hier kreativ werden: Man kann z. B. eine eigene “App” in Anführungszeichen erstellen, indem man Fotos des Kindes im Alltag macht (z.B. vom Ablauf im Zahnarztbesuch) und diese mit kurzen Texten versieht, in einer Präsentation oder Bildergalerie-App. Gemeinsam anschaut, wird es für das Kind zu einer vertrauten Geschichte, die ein echtes Ereignis vorbereitet. Auch wenn das kein kommerzielles Produkt ist, erfüllt es denselben Zweck: virtuelle Vorbereitung auf reale Sozialsituationen.
- Virtuelle Rollenspiele in geschützter Umgebung: Für etwas ältere Kinder (gegen Ende der Grundschule) könnte man auch Online-Rollenspiele oder virtuelle Welten erwähnen. Zwar sind die meisten Online-Games nicht spezifisch für Autismus entwickelt, aber es gibt z. B. Minecraft-Servers für Autisten oder sichere Chat-Spiele, wo unter Moderation soziale Interaktion geübt wird. Ein deutschsprachiges Beispiel ist das Projekt “Autcraft” (ursprünglich englisch, aber mit deutschen Mitgliedern) – ein Minecraft-Server, der speziell für autistische Kinder moderiert wird und ihnen erlaubt, in einer strukturierteren Umgebung gemeinsam zu spielen, Regeln zu lernen (z. B. tauschen, kooperativ bauen) und Kontakte zu knüpfen, ohne den chaotischen und oft toxischen Umgangston mancher öffentlicher Spiele. Das ist allerdings eher für Kinder ab 8-10 Jahren und erfordert Betreuung sowie die Bereitschaft des Kindes, so ein Spiel zu mögen. Dennoch zeigt es eine Möglichkeit: Spielerische Online-Communities können ein Schrittstein sein, reale Sozialkontakte vorzubereiten oder zu ergänzen – immer vorausgesetzt, die Umgebung ist sicher und die Kommunikation wird kindgerecht begleitet.
Insgesamt sind digitale Rollenspiele ein Übungsfeld, in dem Fehler erlaubt sind. Das autistische Kind darf virtuell auch mal die “falsche” Option ausprobieren und sehen, was passiert, ohne dass es echte soziale Konsequenzen hat. So sammelt es Erfahrungen und entwickelt nach und nach ein Verständnis für soziale Dynamiken. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man dieses virtuelle Training aktiv mit realen Übungen verbindet – z. B. nach dem Motto: “Weißt du noch, wie du in der App geübt hast ‘Bitte, hör auf’ zu sagen? Versuchen wir das mal wirklich, wenn dein Bruder dich nächstes Mal nervt.” Mit der Zeit werden aus dem nachgespielten Verhalten echte soziale Fähigkeiten.
Lernspiele und Lern-Apps: Spielerisch Wissen und Fähigkeiten aufbauen
Worum geht es? In dieser Kategorie versammeln sich digitale Angebote, die vor allem kognitive, schulische oder alltagspraktische Lerninhalte vermitteln – und zwar auf spielerische Weise. Im Prinzip sind das edukative Apps oder Software, die Inhalte wie Sprache, Mathe, Logik, Allgemeinwissen etc. adressieren. Wichtig ist: Hier geht es nicht speziell um Autismus-Themen, sondern um allgemeines Lernen; doch die Apps sind so gestaltet, dass sie auch für autistische Kinder gut geeignet sind (z. B. weil sie anpassbar, visuell klar oder besonders motivierend sind).
Was fördern sie? Je nach App unterschiedliche Fähigkeiten:
- Sprache & Wortschatz: z. B. Logopädie-Apps, Buchstabenlernen, erste Wörter lesen, Reime erkennen.
- Mathematik & Logik: Zahlen erkennen, Zählen, Grundrechenarten, Puzzle- und Denkspiele, Formen sortieren.
- Konzentration & Gedächtnis: z. B. Memoryspiele, Suchspiele, Sequenzen merken.
- Wissensgebiete: Apps zu Tieren, Natur, Fahrzeugen etc., die Wissen vermitteln und den kognitiven Horizont erweitern, teils auch speziell für visuelle Lerner aufbereitet.
- Alltagsfähigkeiten: z. B. Uhrzeit lernen, Geld rechnen, Verkehrsregeln (es gibt Ampelspiele etc.), Hygiene (Apps über Zähneputzen, Hände waschen mit Animation).
Was macht sie autismus-freundlich? Gute Lern-Apps für unsere Zielgruppe zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie sehr klare Rückmeldungen geben (z. B. bei richtiger Lösung Jubel, bei falscher vielleicht nur ein neutrales “Oops, versuch es nochmal” ohne schrille Fehlermeldung), dass sie optisch nicht überladen sind (manche Kinder brauchen reizreduziertes Design) und oft wiederkehrende Strukturen haben. Viele autistische Kinder mögen auch Gamification-Elemente, also wenn sie Punkte sammeln, Level aufsteigen oder virtuelle Sticker verdienen – das motiviert und strukturiert zugleich.

Beispiele deutschsprachiger Lernspiele und Apps:
- MITA (Mental Imagery Therapy for Autism) – “Sprach- und Kognitive Therapie”: MITA ist eine international erfolgreiche App, die es auch auf Deutsch gibt. Sie wurde speziell für Kinder mit Autismus und Entwicklungsverzögerungen entwickelt und ist so etwas wie ein umfangreiches Gehirntraining in Spiel-Form. Die App enthält über 50 Spiele bzw. Übungen mit insgesamt Tausenden von Aufgaben, die aufeinander aufbauen. Zu den Aufgaben gehören z. B. Puzzles, bei denen Objekte mental zusammengesetzt werden müssen, Kategorisierungsspiele (Finde alle Dinge, die zusammengehören), Gedächtnistrainings und Sprachübungen (z. B. der Aufforderung “Gib mir den roten Ball” das richtige Objekt zuordnen). Die Idee hinter MITA: Viele autistische Kinder haben Schwierigkeiten, mehrere Reize gleichzeitig zu verarbeiten (“Tunnelblick”). Die Übungen sollen das Gehirn trainieren, komplexere Muster wahrzunehmen und kombinieren zu können, was letztlich auch der Sprachentwicklung zugutekommen soll. In einer klinischen Studie wurde sogar nachgewiesen, dass Kinder, die regelmäßig MITA nutzten, im Sprachtest deutlich zulegten. Für die Praxis heißt das: MITA ist wie eine Art “Therapie zum Mitnehmen” – man kann täglich 10-15 Minuten damit arbeiten. Die App passt sich automatisch dem Leistungsniveau des Kindes an, wodurch es immer gerade so herausfordernd bleibt, dass keine Überforderung eintritt. Sie ist bunt und spielerisch gestaltet (mit Tieren, Formen, Obst etc.), aber trotzdem klar strukturiert. MITA richtet sich an die jüngere Altersgruppe (etwa 2 bis 8 Jahre), aber da die Übungen mitwachsen, können auch 9- oder 10-Jährige bei höheren Levels noch gefordert sein. Für Nutzer stehen viele Sprachen zur Verfügung, Deutsch ist komplett enthalten (inkl. gesprochener Anweisungen). Wichtig: MITA ist zwar kostenlos herunterladbar und einige Inhalte sind frei, für den vollen Funktionsumfang wird meist ein Abomodell oder In-App-Kauf angeboten – Eltern sollten hier prüfen, welche Version nötig ist. Viele berichten aber, dass schon die Gratislevel einen guten Eindruck geben, ob ihr Kind das Konzept mag.
- AutiSpark: Eine weitere App, die sich an Kinder mit Autismus speziell richtet. AutiSpark (verfügbar im App Store und Play Store, Beschreibung auf Deutsch) bietet ein umfangreiches Lernspiel-Programm, das von Experten gestaltet wurde. Enthalten sind zahlreiche Minispiele zu Buchstaben, Zahlen, Formen, Farben, Alltagsobjekten und sozialen Szenarien. Anders als MITA, das eher auf kognitive Grundlagen abzielt, deckt AutiSpark konkrete Bildungsinhalte wie ABC und 123 ab. Beispielsweise gibt es Buchstaben-Nachfahr-Übungen, Zuordnungsspiele (“Finde alle Dinge, die rot sind”), Memory mit Alltagsgegenständen und kleine Quizfragen (“Was passt nicht in die Reihe?”). Auch einfache Rätsel wie Puzzles und Feinmotorik-Spielchen (Ballon platzen lassen etc.) sind dabei, um die Hand-Auge-Koordination zu fördern. AutiSpark ist sehr bunt und kindgerecht gestaltet, mit lustigen Soundeffekten und einer Spielfigur, die das Kind durchs Programm begleitet. Die App ist darauf ausgelegt, dass Kinder möglichst ohne Hilfe damit spielen können – die Menüführung ist einfach und es gibt keine komplizierten Texte zu lesen. Daher eignet sie sich für Kinder im Vorschul- und frühen Grundschulalter (ca. 4–7 Jahre). Wie bei vielen All-in-One-Lernapps ist auch hier das Geschäftsmodell oft Freemium (einige kostenlose Basisinhalte, erweiterte Inhalte gegen Abo). Wichtig aus Elternsicht: Da die App auf Deutsch erhältlich ist, sind die gesprochenen Anleitungen und Wörter für das Kind verständlich. AutiSpark kann gut genutzt werden, um erste Lernziele zu Hause abzudecken, z. B. wenn ein Kind noch nicht bereit für einen regulären Vorschulkurs ist oder parallel zur Schulvorbereitung.
- Otsimo Sonderpädagogik (Otsimo Special Education): Otsimo ist eine international bekannte Lern-App aus der Türkei, die aber ebenfalls Deutsch als Sprache anbietet. Otsimo enthält zahlreiche Lernspiele für Kinder mit besonderen Förderbedarf, ähnlich wie AutiSpark. Die Palette reicht von Formen, Farben, Geräusche erkennen bis hin zu Buchstaben, Zahlen und einfachen Logikaufgaben. Otsimo zeichnet sich dadurch aus, dass es sehr einfache Grafiken verwendet – viele Spiele sind bewusst minimalistisch, z. B. nur ein weißer Hintergrund und die zu lernenden Objekte. Das hilft Kindern, die sich sonst leicht ablenken lassen. Außerdem hat Otsimo eine Belohnungsstruktur: Bei Erfolg sammelt das Kind Puzzleteile oder Abzeichen, was die Motivation erhöht. Otsimo deckt auch sozial-kommunikative Spiele ab, wie Blickkontakt üben (das Gerät nutzt die Frontkamera, um zu erkennen, ob das Kind zum Bildschirm schaut – wenn ja, wird ein Lächeln gezeigt). Ein weiteres Feature: Otsimo bietet elterliches Reporting – Eltern können Fortschrittsberichte einsehen, welche Bereiche dem Kind liegen und wo es hakt. Die App richtet sich an jüngere Kinder (ca. 3–8 Jahre). Sie ist vom Umfang her sehr groß (viele Module), daher ebenfalls im Abo-Modell erhältlich. Durch die Zertifizierung als sonderpädagogisches Hilfsmittel und positive Resonanz von Therapeuten gilt Otsimo als seriöses Angebot für Autismus-Förderung zu Hause. Wer also eine breite Auswahl an Lernspielen aus einer Hand sucht und bereit ist, ein Abo zu investieren, findet hier in deutscher Sprache viele Möglichkeiten.
- Foni Kinder-Apps (Farben, Zahlen, Tiere, Kleidung): Neben den Foni-Apps für Soziales und Emotionen gibt es auch die Foni Kinder Apps – vier Lern-Apps, die grundlegende Konzepte vermitteln, angepasst an autistische Lernbedürfnisse. Diese Apps sind:
- Foni Farben: Hier lernt das Kind die Grundfarben spielerisch zu erkennen und zu benennen.
- Foni Zahlen: Diese App vermittelt erste Zahlen und Mengen sowie einfache mathematische Grundlagen (z. B. Zuordnung Zahl <-> Anzahl von Objekten).
- Foni Tiere: Kinder lernen verschiedene Tiere kennen, ihre Namen und einige Eigenschaften – ideal für kleine Tierfreunde.
- Foni Kleidung: Hier geht es um Wetter und passende Kleidung – das Kind lernt, Wettersymbole (Sonne, Regen, Schnee) realen Wetterlagen zuzuordnen und dann entsprechende Kleidung auszuwählen (z. B. bei Regen den Regenmantel, bei Sonne die Mütze etc.).
- Allgemeine deutschsprachige Kinderlern-Apps: Abseits der speziellen Autismus-Apps gibt es natürlich auch viele reguläre Lern-Apps in deutscher Sprache, die für autistische Kinder geeignet sind, wenn sie vom Konzept her passen. Ein sehr bekanntes Beispiel ist die Anton-App, ein komplett deutschsprachiges Lernprogramm, das den Grundschulstoff (und teils Kindergarten) in Spielen abdeckt – Mathe, Deutsch, Sachkunde etc. Autistische Kinder kommen oft gut mit Anton zurecht, weil die Aufgaben kurz und prägnant sind, und es Sternchen als Belohnung gibt. Zudem kann man Anton im eigenen Tempo nutzen, es gibt kein Zeitdruck. Für Vorschulkinder ist “ElefantenApp” der “Sendung mit der Maus” oder Apps von Conni (bekannte Kinderbuchfigur) eventuell interessant – sie bieten Minispiele zu Alltagsthemen und leichte Rätsel. Zwar nicht extra für Autismus gemacht, sind sie dennoch lehrreich, wenn das Kind sich dafür begeistert. Hier gilt: Wenn das Kind ein bestimmtes Lieblingsthema hat (z. B. Fahrzeuge, Weltraum, Dinosaurier), gibt es oft eine Kinder-App genau darüber, die man nutzen kann, um Sprache und Wissen aufzubauen. Solange die App qualitativ gut und werbefrei ist, spricht nichts dagegen, auch allgemeine Lernspiele ins Portfolio aufzunehmen – sie können eine hohe Motivation bringen, weil sie popkulturelle Figuren oder Themen aufgreifen, die das Kind toll findet.
Zusammenfassend liefern Lernspiele und -Apps einen spielerischen Zugang zu Bildung. Gerade für autistische Kinder, die in klassischen Lernsituationen (Stuhlkreis, Arbeitsblatt) vielleicht schnell überfordert sind, kann das digitale Medium ein Türöffner sein. Sie lernen quasi “nebenbei”, während sie ein Puzzle zusammensetzen oder ein Level in einem Zahlenspiel abschließen. Und das Erfolgserlebnis – ein Level geschafft, ein neues Abzeichen verdient – sorgt für Stolz und stärkt das Selbstvertrauen, was wiederum die Lernbereitschaft im Allgemeinen erhöhen kann.
Sensorisch-interaktive Spielzeuge und Anwendungen: Digitale Sinneswelt erleben
Worum geht es? Autistische Kinder haben häufig besondere sensorische Bedürfnisse: Manche suchen bestimmte Reize (z.B. visuelle Effekte, Druck, Schaukeln), andere meiden Überreizung. In diesem Bereich betrachten wir digitale oder elektronische Angebote, die vor allem dem Sinneserleben und der Beruhigung/Stimulation dienen. Das können Apps mit Lichteffekten und Tönen, interaktive Oberflächen oder elektronische Gadgets sein, die auf Berührung, Klang oder Bewegung reagieren. Im Grunde sind es “Spielzeuge”, die primär eines tun: Sinne ansprechen (sehen, hören, evtl. fühlen) und dem Kind eine Möglichkeit geben, sicher und selbstbestimmt sensorische Erfahrungen zu machen.
Was fördern sie? Diese Angebote fördern in erster Linie sensorische Integration und Selbstregulation. Ein Beispiel: Ein Kind, das oft unruhig oder ängstlich ist, kann durch eine beruhigende App mit langsam wechselnden Farben und sanfter Musik Entspannung finden (ähnlich wie manche Menschen ein Lavalampe-Fernsehbild oder Kaminfeuer beruhigend finden). Umgekehrt kann ein eher apathisches, suchendes Kind durch ein vibrierendes, leuchtendes Spielzeug animiert werden, seine Umgebung aktiver wahrzunehmen. Sensorische Spielzeuge fördern auch die Ursache-Wirkungs-Verständnis – das Kind lernt: “Wenn ich das drücke, passiert etwas Angenehmes.” Das ist besonders für Kinder im unteren Entwicklungsalter wichtig, quasi als Vorstufe zum komplexeren Spielen. Darüber hinaus können solche Geräte auch Aufmerksamkeit und Fokus fördern, indem sie gezielt Reize bieten, die das Kind interessant findet (z.B. bewegte Blasen auf dem Bildschirm, die es verfolgt).

Beispiele sensorisch-interaktiver digitaler Angebote:
- Sensorik-Apps (virtuelle Entspannung und Stimulation): Es gibt diverse Apps, oft sogar kostenlos, die speziell als “autism sensory games” oder Entspannungsspiele vermarktet werden. Auf Deutsch findet man sie unter Namen wie “Autismus Sensorische Spiele” oder “Entspannende Spiele”. Typischer Inhalt solcher Apps: eine Sammlung von einfachen, beruhigenden Spielereien, z.B.
- virtuelles Blasenfolien-Platzen (das Kind tippt Blasen und sie machen “Popp” – sehr befriedigend für viele, die gerne echte Luftpolsterfolie drücken),Slime-Simulator (man streicht mit dem Finger über den Bildschirm und es sieht aus wie glibberiger Schleim, inklusive Schmatz-Geräusch – das vermittelt haptische Illusion ohne echten Matsch),Fidget-Spinner-Simulation (ein animierter Handkreisel, den man wischt und der rotiert, mit leichten Vibrationsfeedbacks),bunte Farbverläufe und Formen: z.B. man malt mit dem Finger und es entstehen neonleuchtende Muster oder Kaleidoskop-Effekte begleitet von sphärischen Klängen,ASMR-Klänge und visuelle Effekte: manche Apps bieten Soundboards mit Meeresrauschen, Regen prasseln etc., oft gepaart mit entsprechenden Animationen (Regen auf Scheibe, Wellenbewegung).
- Sprechende Kuscheltiere und interaktive Plüschtiere: Auch einige elektronische Lernspielzeuge sprechen die Sinne an und können autistischen Kindern Freude bereiten. Ein Beispiel sind sprechende Stofftiere oder Puppen, die auf Knopfdruck singen oder Phrasen sprechen. Für ein Kind, das z.B. soziale Annäherung üben soll, kann ein solches interaktives Kuscheltier ein “Übungsfreund” sein. Bekannte Produkte (in deutscher Sprache) sind z. B. der VTech Baby Bär oder Fisher-Price Lernhund, die Lieder singen und auf Berührung reagieren (drückt man die Pfote, sagt er “Das ist meine Hand” etc.). Ein 4- oder 5-jähriges autistisches Kind, das vielleicht menschlichen Kontakt meidet, könnte mit so einem freundlich vorprogrammierten Spielgefährten erste Interaktionen erleben – es lernt, dass Berühren oder Ansprechen des Spielzeugs eine Reaktion hervorruft (Ursache-Wirkung) und kann in eigenem Tempo das wiederholen. Natürlich ersetzen solche Plüschfreunde keine echten Freunde, aber sie können emotionales Lernen fördern: Manche Kinder trösten ihr sprechendes Stofftier, wenn es “Aua” sagt, oder freuen sich über das Lob, das es gibt. Das bleibt alles im spielerischen Rahmen, aber es bereitet den Boden für Empathie.
- Interaktive Bücher und Stifte: Eine Kombination aus analog und digital, die sensorisch ansprechend ist, sind auditive Lernsysteme wie “Tiptoi” oder “BOOKii”. Diese in Deutschland sehr populären Systeme bestehen aus einem elektronischen Stift und speziellen Büchern oder Spielen. Wenn das Kind mit dem Stift auf ein Bild oder Wort tippt, ertönt eine passende Audioausgabe: beispielsweise Tiergeräusche, Erklärungen, Lieder. Für autistische Kinder, die vielleicht klassische Bücher langweilig finden, kann so ein System ein Sinnes-Erlebnis daraus machen – plötzlich “lebt” das Buch durch Geräusche und gesprochene Texte. Das schult die Hörverarbeitung und erweitert den Wortschatz, ist aber auch sensorisch spannend (tippen, hören, oft leuchtet der Stift dabei). Tiptoi hat z.B. auch ein Bilderlexikon Gefühle oder soziale Geschichten-Bücher – damit könnte man Themen, die das Kind sonst meidet, in spielerischer Form zugänglich machen. Wichtig: Diese Systeme sind komplett deutschsprachig, da sie von deutschen Verlagen wie Ravensburger oder Tessloff produziert werden. Sie eignen sich ab ca. 3-4 Jahren (es gibt einfache Bücher für die Kleinen) bis ins Grundschulalter. Und auch hier gilt: Sie sind selbsterklärend, das Kind kann teils allein explorieren, und man kann es wunderbar gemeinsam nutzen (Eltern und Kind hören zusammen die Geräusche an und sprechen drüber).
- Licht- und Klangspielzeuge für den Sinnesraum: In manchen Förder- und Wohnstätten gibt es sogenannte Snoezel-Räume (Entspannungs- und Sensorikräume). Es gibt aber auch für Zuhause kleine digitale Lichtgeräte oder Projektoren, die Kindern mit Autismus gefallen könnten. Beispielsweise
- LED-Projektionslampen: Geräte, die bunte Lichtmuster oder Sternenhimmel an die Decke werfen, oft in Bewegung. Einige haben Fernbedienungen oder Apps, sodass das Kind selbst die Farbe oder Geschwindigkeit einstellen kann. Das fördert das Gefühl von Kontrolle und bietet visuelle Stimulation (viele autistische Kinder schauen gerne rotierende Lichter oder bewegte Formen).Musik- und Klanggeräte: Z.B. ein elektronisches Regenbogen-Xylofon, das bei Berührung der Farbtasten entsprechende Töne spielt, oder ein Musikkissen mit Vibration. Solche Sachen verbinden taktiles Erlebnis mit akustischem Output.Vibrierendes Spielzeug: Es gibt Gadgets wie kleine Massagekissen oder Knuddeltiere mit Vibration, die auf Knopfdruck vibrieren und brummen. Manche autistischen Kinder, die sensorisch unterempfindlich sind, lieben das und es beruhigt sie. Das ist zwar kein “Spiel” im klassischen Sinn, aber ein digital gesteuerter sensorischer Reiz, den das Kind selbst auslösen kann.
- Für Zuhause muss es nicht gleich ein High-Tech Snoezel-Raum sein; schon eine günstige Lichterkugel mit Farbwechsel oder eine App-gesteuerte Lichterkette im Zimmer kann ein tolles sensorisches Highlight bieten. Es gibt inzwischen smarte Kinder-Nachtlichter, die man per App dimmen und farblich ändern kann – ein älteres autistisches Kind könnte damit sogar selbst sein Zimmerambiente steuern (z.B. Grün zum Beruhigen, Bunt zum Spielen).
- Toniebox (digitale Hörspielbox): Ein in Deutschland sehr verbreitetes digitales Audiospielzeug ist die Toniebox. Das ist ein würfelförmiger weicher Lautsprecher, der Hörfiguren (Tonies) erkennt und dann entsprechende Geschichten oder Lieder abspielt. Warum zählt das in sensorisch-interaktiv? Weil die Bedienung extrem einfach und haptisch ist: Das Kind stellt eine Figur (z.B. die Maus, den Löwen oder andere bekannte Charaktere) auf die Box – durch einen Magnetmechanismus bleibt sie stehen – und sofort beginnt die Box, den hinterlegten Inhalt zu spielen. Zum Pausieren nimmt man die Figur runter, zum Weiterhören stellt man sie wieder drauf. Lauter/leiser regelt man durch kneifen an den “Ohren” der Box. Das Ganze verzichtet komplett auf Bildschirme und Buttons – es ist also sehr anlog-digital-hybrid. Für autistische Kinder, die vielleicht visuelle Überreizung vermeiden sollen oder die lieber auditiv abschalten, ist eine Toniebox wunderbar: Sie können selbstbestimmt eine Geschichte auswählen, ohne kompliziert durch ein Tablet-Menü navigieren zu müssen. Die Figuren sind greifbar, was dem Bedürfnis nach Klarheit entgegenkommt (“jedes Hörspiel hat eine eigene Figur”). Und gerade Kinder im Alter 4–7 lieben es, immer wieder die gleichen Geschichten zu hören – die Toniebox ermöglicht das, ohne dass ein Erwachsener dauernd neu abspielen muss. Sie fördert dadurch auch Rituale (z.B. jeden Abend dieselbe Einschlafgeschichte, die das Kind selber startet). Zwar ist die Toniebox kein Lernspielzeug im engeren Sinne, aber sie unterstützt Sprache (durch viel Hören von Geschichten/Liedern), Konzentration (20 Minuten einer Geschichte folgen) und kann eine beruhigende sensorische Pause darstellen (viele autistische Kinder ziehen sich gern mit Kopfhörern oder Hörspielen zurück, um sich zu regulieren). Die Inhalte sind natürlich auf Deutsch. Für Eltern besteht zudem die Möglichkeit, eigene Tonies zu bespielen (sogenannte Kreativ-Tonies) – hier könnten sie z.B. selbst Anleitungen oder persönliche Nachrichten aufnehmen, um dem Kind bestimmte Dinge nahezubringen. Insgesamt ist die Toniebox ein Beispiel, wie Digitaltechnik kindgerecht verpackt genutzt werden kann, um Sinne anzusprechen (in dem Fall Hören und Fühlen der Figur) und gleichzeitig Selbstständigkeit zu fördern.



Bei sensorisch-interaktiven Angeboten geht es letztlich darum, dem Kind Wohlbefinden und sensorische Zufriedenheit zu ermöglichen. Das kann bedeuten, es kurz aus einer Überlastung herauszuholen (mit etwas, das es gerne anschaut/hört) oder ihm die sensorische “Nahrung” zu geben, die es sucht (z.B. vibrierende Rückmeldung). Digitale Tools erweitern hier das Repertoire der Eltern: Man hat auf dem Smartphone vielleicht ein kleines “Notfallspiel”, das im Supermarkt die Wartezeit erleichtert, weil es Seifenblasen aufpustet auf dem Bildschirm und das Kind fasziniert. Oder man nutzt abends zum Runterkommen eine Lichter-App. Solche Hilfen sind völlig in Ordnung, solange sie zielgerichtet eingesetzt werden. Sie können Teil eines individuellen “Sensory Diet” (sensorischer Aktivitätenplan) sein, den viele Autismus-Therapeuten empfehlen. Wichtig ist, gut zu beobachten, welche Wirkung das jeweilige Spielzeug oder die App aufs Kind hat – entspannt es wirklich oder macht es eher hibbelig? Die Reaktionen sind individuell verschieden. Hat man aber die passenden Tools gefunden, sind sie oft Gold wert für den Familienalltag.
Robotik und programmierbare Spielzeuge: Technik zum Anfassen und Lernen
Worum geht es? Hierunter fallen interaktive Roboter und elektronische Bausätze, die Kinder programmieren oder steuern können. Dazu zählen einfache Coding-Spielzeuge für Vorschul- und Grundschulkinder ebenso wie spezialisierte Therapie-Roboter, die für Autismus entwickelt wurden. Roboter üben auf viele Kinder – gerade auch autistische – eine besondere Faszination aus. Sie verbinden Bewegung, Technik und oft soziale Elemente (einige Roboter haben ein “Gesicht” oder kommunizieren nonverbal). Für autistische Kinder kann ein Roboter ein toller Spielkamerad und Lerngegenstand sein, weil er lebendig wirkt, aber dennoch berechenbar und nicht wertend ist.
Was fördern sie? Mehrere Dinge:
- Kognitive Fähigkeiten & Problemlösen: Beim Programmieren oder Steuern eines Roboters lernt das Kind logisches Denken, Reihenfolgen planen und Ursachenfolgen abzusehen. Zum Beispiel bei einem Bodenroboter, der per Tasten Befehle bekommt (vorwärts, links drehen etc.): Das Kind muss überlegen, wie es ihn durch ein Labyrinth oder über eine Matte navigiert – das ist eine klasse Übung in Planen und räumlichem Denken.
- Motivation für MINT (Mathe, Informatik, Technik): Gerade autistische Kinder mit Affinität zu Mustern und Zahlen finden oft Gefallen an Robotik. Das kann ihnen Erfolgserlebnisse in einem Feld verschaffen, in dem sie ihre Stärken ausspielen können. Ein Kind, das vielleicht im freien Spiel unsicher ist, kann beim Robotik-Spiel richtig aufblühen, wenn es merkt: “Ich kann den Robot beherrschen und clevere Lösungen finden.” Dies stärkt das Selbstbewusstsein und weckt Interessen, die bis ins schulische Lernen tragen (manche autistische Kinder entwickeln durch frühes Robotikspiel später Begeisterung für Programmieren oder Naturwissenschaften).
- Soziales indirekt üben: Manche Roboter sind dafür gedacht, soziale Reaktionen auszulösen. Ein Beispiel: Ein kleiner humanoider Roboter, der lächelt oder die Hand ausstreckt, um “Hallo” zu sagen, animiert das Kind vielleicht, zurückzuwinken oder Augenkontakt zum Roboter aufzunehmen – etwas, was es bei Menschen schwierig findet. Durch die Vermenschlichung von Robotern (Augen, Stimme) kann das Kind in einem sicheren Rahmen soziale Interaktion proben. Es fühlt sich eventuell weniger beobachtet oder bewertet als mit einem echten Gegenüber.
- Motorik und Kooperation: Einige Roboter-Spiele werden in Gruppen eingesetzt, etwa im Unterricht oder in Therapierunden. Kinder müssen sich abwechseln, wer den Roboter bedient, oder gemeinsam eine Roboter-Challenge lösen. Das fördert Teamwork und Kommunikation untereinander. Außerdem können Roboter Kinder zu Bewegung anregen – z. B. Tanz-Roboter oder solche, denen das Kind hinterherlaufen soll, trainieren auch grobmotorische Aktivität.
Beispiele von Robotern und programmierbaren Toys beliebt im deutschen Raum:
- Bee-Bot / Blue-Bot: Ein Klassiker im Kindergarten und frühen Grundschulbereich. Der Bee-Bot Roboter ist ein kleiner Bodenroboter in Bienen-Optik mit einfachen Knöpfen oben drauf (Pfeile vorwärts, rückwärts, links, rechts, plus “Los” Taste). Kinder ab 4 Jahren können den Bee-Bot programmieren, z. B. “2 Schritte vorwärts, dann links abbiegen, dann 1 Schritt vor” und losfahren lassen. Der Roboter summt und blinkt, was sehr niedlich ist. Für autistische Kinder hat Bee-Bot mehrere Vorteile: Er ist überschaubar und robust, er reagiert immer gleich (man drückt, er bewegt sich im 90° Winkel exakt) und man kann mit ihm didaktisch spielen – es gibt Matten mit aufgedruckten Feldern (z.B. Zahlen, Farben oder Bilder), sodass man Bee-Bot Aufgaben geben kann (“Fahre zum roten Kreis” oder “Besuche das Tier, das brüllt – den Löwen”). Das Kind lernt, Instruktionen in eine Reihenfolge zu übersetzen. Fehler werden offensichtlich (wenn Bee-Bot woanders landet, muss man die Programmierung korrigieren), aber es gibt keinen Tadel – man probiert einfach neu. Blue-Bot ist eine Variante mit Bluetooth, die sich auch per Tablet-App steuern lässt, aber für kleine Kinder ist die Tasten-Eingabe oft schon spaßig genug. Bee-Bot ist sprachneutral (kein Text, nur Symbole), die Begleitmaterialien gibt es aber auf Deutsch. Schon manches autistische Kind hat Bee-Bot als “Freund” betrachtet und war motiviert, für den Bee-Bot sprechend oder erzählend tätig zu werden (“Bee-Bot fährt jetzt zum Haus. Bee-Bot sagt piep!”). So werden quasi nebenbei Sprache und Spiel kreativ angeregt.
- Dash und Dot: Dash ist ein interaktiver Lernroboter (eine Art rollender freundlicher Roboter mit großem leuchtenden Auge) und Dot sein kleiner stationärer Partner, von der Firma Wonder Workshop. Sie sind in Deutschland erhältlich und die zugehörigen Apps gibt es auf Deutsch. Dash kann per Tablet programmiert werden – z. B. über eine visuelle Programmiersprache (Puzzleteile, die Befehle darstellen) oder durch direkte Steuerung. Dash macht Töne, leuchtet in verschiedenen Farben, kann sich bewegen und sogar kleine Gegenstände schieben. Für Kinder ab ca. 6 Jahren ist Dash spannend: Er sieht fast wie eine Figur aus einem Cartoon aus, was emotional anspricht, und er reagiert auf Klatschen oder Rufen (hat Mikrofone). Autistische Kinder können mit Dash erste Programmierlogik lernen, z.B. “wenn… dann” Abläufe (wenn du klatschst, dreht Dash sich im Kreis und singt). Gleichzeitig ist Dash robust und verzeiht auch mal grobere Behandlung. Die Apps führen spielerisch durch Aufgaben (“Bringe Dash dazu, um den Tisch herumzufahren und dabei blau zu blinken”), was logisch-sequenzielles Denken schult. Eltern berichten, dass Dash oft stundenlang konzentriertes Spiel ermöglicht, auch bei Kindern, die sonst nicht so lange bei einer Sache bleiben. Durch die Möglichkeit, Dash Roboter Töne und Worte ausgeben zu lassen, können Kinder sogar kleine “Sketche” einstudieren – was kreativ ist und Spaß macht. Da Dash im deutschsprachigen Raum populär ist, existiert auch eine Community und es gibt Wettbewerbe an Schulen – falls das Kind sehr Gefallen daran findet, kann man es später in Programmier-AGs oder inklusiven Robotik-Wettbewerben einbringen, wo es Gleichgesinnte trifft.
- LEGO®-Roboter (Boost, WeDo, Mindstorms): LEGO bietet verschiedene Sets, mit denen Kinder eigene Roboter bauen und programmieren können. Für die Altersgruppe 7-10 besonders interessant ist LEGO Boost oder das einfachere WeDo 2.0. Diese Sets enthalten Motoren und Sensoren, und die Kinder bauen z.B. einen Roboterhund oder ein Fahrzeug, das man dann mit der LEGO-App programmiert (per Drag&Drop-Befehlen). Der Vorteil hier: Wenn ein autistisches Kind sowieso gerne LEGO baut (viele lieben das System wegen der Ordnung und Struktur), kann man dieses Interesse nutzen und es in die digitale Robotik erweitern. Das Kind erlebt, wie der selbstgebaute Roboter durch die eigene Programmierung zum Leben erwacht – eine tolle Verknüpfung von Feinmotorik, Vorstellungskraft und Logik. Die Apps von LEGO sind mehrsprachig, auch Deutsch. Sie sind bunt und spielerisch gestaltet (mit kleinen Aufgaben), aber oft wird etwas Lesevermögen vorausgesetzt, daher für jüngere nur mit Elternhilfe. Es gibt aber bebilderte Programmierblöcke, sodass man auch ohne viel Lesen auskommt. Besonders begabte oder interessierte Kinder können mit LEGO Mindstorms (für ältere) noch komplexere Projekte umsetzen. Für viele autistische Kinder bietet diese Kombination – etwas Konstruieren nach festem Plan (das beruhigt), dann kreatives Programmieren (das fordert) – eine ideale Balance aus Struktur und Variation. Manche entwickeln richtiggehende Ingenieursfähigkeiten dabei, was später vielleicht beruflich oder in der Schule genutzt werden kann.
- Spezielle Therapieroboter (z.B. QTrobot, Leka, NAO): Im Bereich Autismus-Förderung gibt es auch einige humanoide oder speziell designte Roboter, die im Therapie-Setting eingesetzt werden. Für den Hausgebrauch sind diese meist (noch) zu teuer und selten, aber erwähnenswert, um das Spektrum aufzuzeigen:
- QTrobot: Ein kleiner humanoider Roboter mit Bildschirmgesicht, der extra für Autismus-Lernziele entwickelt wurde. Er kann verschiedene kindliche Gesichter anzeigen (fröhlich, traurig etc.), mit Kinderstimme sprechen (Stimmen vom Acapela-Programm, das Deutsch unterstützt) und z.B. dazu genutzt werden, Emotionsdarstellung zu üben oder Blickkontakt zu trainieren. QTrobot wurde in Luxemburg entwickelt und mittlerweile international vermarktet, auch in deutschsprachigen Einrichtungen.Leka: Ein kugelförmiger, interaktiver Roboter aus Frankreich, der leuchtet, vibriert, Klänge macht und Spiele anbietet (z.B. Farbzuordnung, Reaktionsspiel). Leka wurde speziell entworfen, um Aufmerksamkeit und soziale Interaktion bei autistischen Kindern zu fördern. Eltern können über eine App Aktivitäten steuern. Leka soll z.B. Kinder animieren, ihn zu verfolgen, mit ihm zu spielen (er reagiert, wenn man ihn schüttelt oder rollt) und dadurch gemeinsames Spielen aufzubauen. Das Gerät ist bunt und freundlich, beinahe wie ein kleines Haustier-Roboter.NAO: Ein bekannter humanoider Roboter (ca. 60 cm groß) aus der Forschung, der auch in Autismus-Therapie-Studien genutzt wurde. NAO kann gehen, sprechen (auch Deutsch programmierbar), Gesten machen und wurde z.B. eingesetzt, um mit autistischen Kindern Sprachübungen zu machen oder soziale Skripte durchzuspielen. Er ist aber eher ein Profi-Gerät, das in Schulen oder Unis steht, nicht im normalen Kinderzimmer.
- Mikrocontroller und Maker-Projekte: Für einige autistische Kinder (insbesondere mit Inselbegabungen oder im höheren Leistungsbereich) können auch einfache Elektronik-Baukästen oder Mikrocontroller zum Programmieren (wie Calliope mini, Arduino mit Kindermodulen, Micro:Bit etc.) spannend sein. Diese erlauben es, eigene kleine Geräte zu bauen, z.B. ein selbstprogrammiertes elektronisches Spiel, eine Ampel, einen Timer. Der Vorteil hier ist, dass man die Projekte auf die Interessen des Kindes zuschneiden kann. Wenn das Kind z.B. Uhren liebt, kann man einen Microcontroller dazu bringen, eine eigene Uhr zu spielen. Solche Aktivitäten fördern enorm das technische Verständnis und können vor allem hochfunktionale Autisten in ihrem Spezialinteresse fördern. Sie erfordern aber erwachsene Begleitung und sind eher was für 9-10-Jährige mit Geduld und Neugier auf Technik. In Deutschland gibt es dafür übrigens mittlerweile inklusive Maker-Workshops, wo auch neurodivergente Kids willkommen sind, um mit Lötkolben und Programmierung zu experimentieren. Dies zeigt, dass digitale Kompetenz – die viele Autisten besitzen – genutzt werden kann, um Selbstvertrauen und vielleicht sogar berufliche Perspektiven zu entwickeln.



Zusammengefasst: Robotik und programmierbare Spielzeuge bringen die Faszination Technik ins Kinderzimmer. Für autistische Kinder können sie ein wahres Tor zur Welt des Lernens sein, weil sie spielerisch Logik mit sensorischen Reizen und oft auch einer Prise sozialem Feedback koppeln. Entscheidend ist, dass man ein Produkt wählt, das zur Interessenlage und Frustrationstoleranz des Kindes passt – ein einfaches Bee-Bot für den Einstieg oder ein komplexeres Set für Tüftler. Viele Eltern staunen, wie konzentriert und begeistert ihr Kind auf einmal arbeiten kann, wenn es darum geht, “seinen Roboter” zum Laufen zu bringen. Diese Erfolgserlebnisse können sich positiv auf andere Lebensbereiche übertragen – das Kind merkt: Ich kann Probleme lösen, Ich bin gut in etwas, ich kann anderen meinen Roboter vorführen und stolz sein. Robotik ist also mehr als nur Spielerei; für manche autistische Kinder ist es der Schlüssel, um Fähigkeiten zu zeigen, die sonst vielleicht verborgen geblieben wären.
Fazit
Digitale Spielzeuge und Apps eröffnen autistischen Kindern von 4 bis 10 Jahren eine bunte Welt des Lernens und Entdeckens, zugeschnitten auf ihre Bedürfnisse. Von der Kommunikation per Symbol-App, über das Verstehen von Gefühlen mit Emotionsspielen, hin zum lösen ersten Mathe-Aufgaben in Lernapps oder dem Programmieren eines niedlichen Roboters – die Möglichkeiten sind vielfältig. Richtig eingesetzt ergänzen diese digitalen Helfer die traditionellen Fördermethoden ideal: Sie bieten Übungsfelder ohne Druck, machen dank hoher Anschaulichkeit komplexe Dinge begreifbar und schenken vielen Kindern schlicht große Freude, weil sie Erfolgserlebnisse und Spaß am Spiel vereinen.
Für Eltern kann es anfangs überwältigend sein, aus dem riesigen Angebot auszuwählen. Daher lohnt es sich, zunächst zu überlegen: Welche Fähigkeit möchte ich bei meinem Kind stärken? und Was interessiert mein Kind besonders? – Danach kann man gezielt in der entsprechenden Kategorie nach deutschsprachigen Angeboten schauen (wie in diesem Artikel vorgestellt). Ob man nun mit einer Bilder-App die ersten Worte spricht, zusammen mit einer Sozialspiel-App den Umgang mit Freunden trainiert, oder den kleinen Ingenieur in seinem Element mit dem Bau eines Roboters erlebt: Wichtig ist, dass das Kind im Mittelpunkt steht und die Technik ihm dient, nicht umgekehrt.
Dank der vorgestellten deutschsprachigen Produkte und Anbieter müssen Eltern auch keine Sprachbarriere fürchten – fast alle genannten Apps, Spielzeuge und Systeme sind entweder in deutscher Sprache oder so intuitiv gestaltet, dass sie hierzulande problemlos genutzt werden können. So können Eltern und Kinder gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen. Mit Neugier, etwas Geduld und den richtigen Begleitmaßnahmen werden digitale Spielzeuge und Apps zu einem verlässlichen Begleiter im Alltag, der autistischen Kindern hilft, Schritt für Schritt die Welt besser zu verstehen und selbstbewusst darin ihren Platz zu finden. Viel Erfolg und Freude beim Ausprobieren!